Studie: 20.000 Wohnungen allein durch Umnutzung in Großstädten?

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Die Misere ist bekannt: Der Wohnungsneubau ist in einem Tief, der Wohnungsmangel gerade in Ballungsräumen und Großstädten dagegen groß. Da trifft es sich doch scheinbar gut, dass die ersten Profiteure des Immobilienpreisverfalls zutage treten: Die großen Wohnkonzerne und internationale Investoren haben begonnen, im großen Stil Bestandsobjekte günstig zu erwerben. Doch durch den bloßen Besitzerwechsel entsteht kein neuer und auch wohl kaum erschwinglicher Wohnraum. Größere Chancen im Bestand liegen daher womöglich in einer ganz anderen Immobilienklasse: ungenutzte Büroräume, die durch Umnutzung zu Wohnungen werden könnten. Eine Studie analysiert die Büroleerstände in den 7 A-Immobilienstandorten und kommt zu dem Schluss, dass bis 2025 das Potenzial besteht, 20.000 Wohnungen auf diesen Märkten zu kreieren – das entspräche immerhin 40 Prozent des errechneten zusätzlichen Wohnbedarfs in den 7 Standorten. Doch wie gut stehen die Chancen, dass die Investoren der Empfehlung folgen?

Der Artikel kurz zusammengefasst

Eine Studie des Gewebeimmobilienmanagementunternehmens Jones Lang LaSalle identifiziert Büroumbauten und ihre Verwandlung zu Wohnraum als Möglichkeit, bis 2025 20.000 zusätzliche Wohnungen in den Top 7-Immobileinstandorten zu schaffen. Das wären 40 Prozent des dortigen Wohnungsbaubedarfs, zudem emissionsärmer und um fast 50 Prozent kostengünstiger als der Neubau. Die Kehrseite: Abgesehen vom Frankfurter Immobilienmarkt waren Verwandlungen von Büro- in Wohnflächen in den übrigen Top 6 Standorten bisher wenig üblich. Die Autoren raten daher den Kommunen, durch niedrigschwellige Genehmigungen und finanzielle Anreize die Investoren für dieses Modell zu gewinnen. 

Lücke zwischen Fertigstellungen und Neubaubedarf in den Metropolen besonders groß

Laut einer Analyse des Gewerbeimmobilien- und Investmentmanagementunternehmens Jones Lang LaSalle Incorporated (JLL) weisen gerade die Top 7 Standorte erheblich angespannte Wohnungsmärkte auf. Die Gründe sind schnell ausgemacht:

Die Nettozuwanderungsrate war 2022 erneut hoch. Nicht nur dadurch sind die Wohnungsmärkte in den Metropolen angespannt. Zusätzlicher Druck auf den Mietwohnmarkt entsteht durch die vielen Haushalte, die aufgrund der hohen Kreditzinsen ihren Kauf- oder Neubauwunsch auf Eis gelegt haben und nun ebenfalls auf die Mietwohnmärkte drängen.

In den sieben Top-Standorten Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Frankfurt am Main, Köln, München und Stuttgart wird die Luft auf dem Wohnungsmarkt daher zunehmend dünn: Vor allem in Frankfurt am Main und Stuttgart ist die Lücke zwischen Fertigstellungen besonders hoch. Im größten deutschen Wohnungsstandort Berlin beträgt die jährliche Bedarfslücke zwischen 2023 und 2025 laut Studie je 6.500 Wohnungen.

Umnutzungen als ideale Lösung – wenn Lage und Rendite stimmen

Die Lösung, die der Gewerbeimmobilienspezialist Jones Klang LaSalle mit Blick auf die Portfolien an den Standorten nahelegt, klingt einleuchtend: Zumindest ein Bestandteil einer Wohnraumoffensive könnte die Umnutzung von leerstehenden Büros sein. Abgesehen vom Frankfurter Markt (mit seinen Bürotürmen, die sich bei Leerstand geradezu für Umwandlungen anbieten) kommen solche Umnutzungen in den untersuchten Großstädten jedoch laut JLL nur selten vor. In der Mainmetropole hat sich die Zahl der Konversionen von Büros in Bestandswohnungen in den vergangenen 15 Jahren mehr als verdoppelt und lag Mitte 2023 bei einer Quote von 16 Prozent der Projekte in der Frankfurter Baupipeline.

Natürlich bietet sich in der Praxis vor allem bei Bürostandorten eine Umwandlung in Wohnraum an, wo auch Lagekriterien wie Nahverkehrsanbindung, Nähe zu Kindergärten, Schulen und Einkaufsmöglichkeiten etc. gegeben sind. Je besser Lage und Gebäudequalität. Desto höher die potenziellen Mieteinnahmen und desto lohnender der Umbau zur Wohnung durch den Investor, so die JLL-Autoren.

Gerade unter Kostengesichtspunkten hat der Bestandsumbau eindeutige Vorteile

Grundsätzlich sind die Grundstücks- und Neubaukosten in den A-Immobilienstädten besonders hoch. Daher gehen die Berechnungen von JLL davon aus, dass die durchschnittlichen Umbaukosten bei der Umwidmung von Büro- zu Wohnräumen nochmals um fast 50 Prozent niedriger ausfallen würden als bei einem Wohnneubau (im Schnitt zwischen 1.700 und 2.200 Euro pro Quadratmeter – an den sonst sehr viel kostspieligeren Standorten ein echtes Schnäppchen.

Studienautoren weisen Kommunen auf Potenzial hin

Nun ist es aber aufgrund der nach wie vor starken Baukostenentwicklung – und den bislang noch nicht deutlich, wenngleich schon etwas gesunkenen Bauzinsen – bislang auf dem Feld des Bestandsimmobilienumbaus voraussichtlich noch nicht zu der von den Studienautoren empfohlenen Paradigmenwechsle der Investoren gekommen und womöglich versiegt die Aktivität durch den eingangs erwähnten aktuellen Preisverfall bei Bestandsmiethäusern. Doch so würden kaum neue Wohnungen geschaffen. Was also tun?

JLL weist nicht zuletzt auf die zweite Stärke hin, die der Bestandsumbau abgesehen von den im Schnitt niedrigeren Kosten zu bieten hat: die umweltrelevanten Kostenfaktoren wie die deutlich niedrigeren C02-Ausstöße bei Sanierungen statt Neubauten. Hier könnten für die Kommunen Anreize liegen, ihre Klimaziele besser zu erreichen – JLL empfiehlt deshalb den Kommunen die Genehmigungshürden für emissionsärmere Bestandsanierungen zu senken, um den Anreiz für Investoren zu erhöhen.

Zumal die Beseitigung von Leerständen und ihre Umwidmung zu Wohnraum auch aus städtebaulicher Sicht Vorteile für die Kommunen hätte – weshalb JLL die finanzielle Förderung großflächiger Konversionsprojekte empfiehlt, um den Investoren den Umbau schmackhaft zu machen und die eigenen städtebaulichen und umweltpolitischen Ziele erfüllen zu können. Hier dürfte es bei den Kommunen zwar kaum am Willen fehlen, aber freilich mitunter am Budget.

 

 

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