Neubauförderung 2023: Mission accomplished – oder doch eher in den Sand gesetzt?

Sharing is caring!

Im Jahr 2022 war die Neubauförderung geradezu ausgesetzt worden – bei einem aktuellen Genehmigungsminus von 36,1 Prozent weniger neuen Wohngebäuden in den ersten vier Monaten des Jahres liegt die Quittung dafür wohl bereits unübersehbar auf dem Tisch. Das Bundesbauministerium hat die im März gestartete Förderung für „klimafreundlichen Neubau“ seit Anfang Juni durch das Programm „Wohneigentum für Familien“ ergänzt. Doch das Förderprogramm wurde von der Bau- und Immobilienbranche eher mit enttäuschter Skepsis als mit Gegenliebe begrüßt: Schließlich ist die vom Bund so groß angekündigte Förderinitiative für den Neubau damit offensichtlich bereits abgeschlossen – und dafür scheint sie vielen Branchenakteuren zu wenig ambitioniert und zu unausgegoren. Ein Überblick über die Förderprogramme und die wesentlichen Kritikpunkte finden Sie hier.

Der erste Baustein: Programm „Klimafreundlicher Neubau“ mit überschaubarem Fördertopf
Die Förderzuständigkeiten für Baumaßnahmen wurden 2022 unter dem Wirtschafts- und Bauministerium neu aufgeteilt: Nachdem das Wirtschaftsministerium die Förderung von Baumaßnahmen im Bestand mehr schlecht als recht im hastig geschnürten „Osterpaket“ im zweiten Quartal 2022 auf den Weg gebracht hatte, ließ sich das neue Bundesbauministerium für den von ihm verantwortete Neubauförderung bis Anfang 2023 Zeit. Als ersten Schritt wurde im März 2023 ein Programm aufgelegt, das (analog zur ebenfalls nur noch ab KfW 40 Standard überhaupt noch greifenden Bestandsförderung) den „klimafreundlichen Neubau“ fördern soll.

Dabei möchte der Bund laut eigenem Bekunden die berühmten zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und sowohl mehr Tempo in den Neubau von Wohneigentum bringen als auch das klimafreundliche Bauen mehr etablieren. Dementsprechend müssen die geförderten Neubauten über den gesamten Gebäudelebenszyklus einen geringen CO₂-Fußabdruck vorweisen und den Effizienzhaus-Standard EH 40 erfüllen – für Gebäude, die darüber hinaus noch zusätzlich das „Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG)“ vorweisen können, kann noch eine größere Unterstützung bewilligt werden.

Das Programm, das im März 2023 mit einer Fördersumme von 1,1 Milliarden Euro an den Start ging, ist inzwischen aufgrund der (in der gegenwärtigen Baukostenkrise mehr als begreiflichen) hohen Nachfrage immerhin um weitere 888 Millionen Euro aufgestockt worden – doch dürfte der Budgetrahmen des Bundesfinanzministeriums damit für dieses Jahr wohl schon ausgereizt sein – und die Wirkung auf den derweil immer stärker zurückgehenden Neubaumarkt ebenfalls gering.

Der zweite Baustein: „Wohneigentumsförderung für Familien“ mit hohen Hürden für die Nutzung
Immerhin schließt das seit Anfang Juni geltende Ergänzungsprogramm „Wohneigentum für Familien“ an das erste Programm an. Auch hier werden ausschließlich Wohngebäude gefördert, die den Anforderungen des geltenden Gebäudeenergiegesetztes (GEG) entsprechen und zwar auch hier wieder nur die Gebäude, die den Anforderungen „Klimafreundliches Wohngebäude“ mit und ohne QNG-Zertifikat nachkommen.

Dabei wird hier nicht nur der Neubau, sondern auch der Ersterwerb von bereits bestehenden Einheiten gefördert, die Effizienzhaus 40-Standard bzw. QNG-Plus-Siegel vorweisen können. Da das Programm auf Familien zugeschnitten sein soll, kann maximal eine Wohneinheit gefördert werden und zwar ausschließlich im Fall von Privatpersonen, die das Eigenheim selbst nutzen möchten. Beantragt werden kann die Förderung somit nur von einzelnen „natürlichen Personen“ (sprich: keinen Unternehmen) als Antragsteller bzw. von einem förderfähigen Haushalt, der zu mindestens 50 Prozent Miteigentum erwerben möchte und in dessen Haushalt mindestens ein Kind angemeldet ist, das zum Zeitpunkt der Antragsstellung bereits geboren war und noch nicht das Alter von 18 Jahren erreicht hat.

Zudem darf das im Jahr zu versteuernde Haushaltseinkommen der Antragssteller 60.000 Euro (bei einem Kind im Haushalt) bzw. zuzüglich nochmals 10.000 Euro je weiterem Kind nicht überschreiten. Dabei erfolgt die Förderung ausschließlich über zinsverbilligte Kredite bei der KfW mit einer Mindestlaufzeit von vier Jahren. Der Zinssatz liegt zum Start bei 1,25 Prozent für 35 Jahre Kreditlaufzeit (mit 10 Jahren Zinsbindung).

Förderfähig sind die gesamten Kosten, die für das Bauwerk anfallen sowie für die Leistungen von Fachplanungsunternehmen und Baubegleitung einschließlich Leistungen wie Lebenszyklusanalyse und Nachhaltigkeitszertifizierung. Auch die Ausgaben für das Material im Fall von Eigenleistung können durch die Kredite unterstütz werden.

Die Höchstbeiträge für den Kredit sind dabei peinlich genau nach Familienstatus und Baustandard gestaffelt:

  • Bei Anträgen auf ein „klimafreundliches Wohngebäude“ (sprich: EH 40-Standard) können Familien mit ein bis zwei Kindern maximal Kredite in Höhe von 140.000 Euro beantragen, bei Familien mit drei bis vier Kindern beträgt die Grenze 165.000 Euro und ab fünf Kindern 190.000 Euro.
  • Wenn zusätzlich ein Siegel für Nachhaltigkeit („QNG Plus“ oder „QNG Premium“ vorliegt, können Familien mit ein bis zwei Kindern einen Antrag bis zum Kredithöchstbeitrag von 190.000 Euro stellen, mit drei bis vier Kindern 215.000 Euro und ab fünf Kindern 240.000 Euro.

Die Reaktionen aus der Branche: viel zu bekritteln, wenig Lob
Die seit 1. Juni gestartete Wohneigentumsförderung für Familien dürfte aus Sicht der Bauverbände nur wenig dazu beitragen, das Ruder herumzureißen. Der Hauptvorwurf: Zu niedrig liege die Bemessungsgrenze im Vergleich zum erfolgreichen Vorgänger Baukindergeld und gehe daher an den meisten regionalen Immobilien- und Neubaumärkten vorbei.

Das Programm scheint vor allem darauf angelegt zu sein, sozialdemokratischen (Bemessungsgrenze bei einem Haushaltseinkommen von 60.000 Euro) und grünen Prinzipien zu genügen (Förderung nur beim Erwerb oder Bau von Häusern mit GEG-gemäßem Standard) – für eine deutliche Marktwirkung ist es den Verbänden zu wenig finanziell unterfüttert.

Auch der Verband privater Bauherren kritisiert die mangelnde Berücksichtigung der Anpassung der Förderkonditionen an jeweiligen Marktlagen auf den unterschiedlichen Immobilienmärkten. So könnte das Programm nur in einigen Teilen Deutschlands überhaupt einigermaßen sinnvoll genutzt werden – und auch dort nur von Familien mit überdurchschnittlich hohem Einkommen (offenbar nach dem alten Prinzip: „Wer hat, dem wird gegeben“).

Überdies würden die meisten Bauverbände eher den (liberalen) Ansatz einer zeitweisen Aufhebung der Grunderwerbssteuer als praxistaugliche Maßnahme empfinden – doch dieser Vorschlag aus dem Finanzministerium wird von den auf die Grundsteuer angewiesenen Bundesländern mit eisigem Schweigen quittiert).

Sharing is caring!


WordPress Cookie Plugin by Real Cookie Banner