Bauinvestitionsprognosen bis 2024 stimmen nicht fröhlich

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Nach Ansicht renommierter Wirtschaftswissenschaftler stehen der Baubranche zwei schwierige Jahre bevor. Sollte sich dies Bewahrheiten, müsste die Branche nach der langjährigen Phase stabiler Baukonjunktur mit deutlich weniger Bauinvestitionen zurechtkommen. So geht beispielsweise das aktuelle „Frühjahrsgutachten“ der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute von einem deutlichen Rückgang der Bauinvestitionstätigkeit im Jahr 2023 aus (-4,9 Prozent). Vor allem der Wohnungsbau könnte ordentlich unter die Räder kommen. Selbst 2024 dürfte die Lage der Prognose nach angespannt bleiben – wenn auch weit weniger gravierend als noch 2023.  

Es mag fast schon seltsam anmuten: Da ist die Baukonjunktur vergleichsweise schadlos durch die Pandemie gekommen, um nun nach deren langsamem Abklingen selbst ins Schlingern zu geraten. So erwarten die Autoren der Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose in ihrem Gutachten zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, dass sich die Schwäche der Bauinvestitionen, die sich schon 2022 abgezeichnet hat, weiter vergrößern wird und ihren Negativpeak in 2023 erreichen sollte. Selbst 2024 dürften einige Bauhauptsegmente noch an den Folgen des deutlichen Rückgangs der 2023er Bauinvestitionsdynamik zu knabbern haben.

Damit nehmen die Bauinvestitionen im Prognosezeitrahmen gegenüber der BIP-Entwicklung einen antizyklischen Verlauf an, da die deutsche Gesamtkonjunktur bis 2024 von schwereren Turbulenzen verschont bleiben sollte. So prognostizieren die Wirtschaftsforscher für 2023 einen marginalen Zuwachs des Bruttoinlandproduktes von 0,3 Prozent. 2024 sollten sich dann einige der konjunkturhemmenden Negativentwicklungen – vor allem die hohe Inflation – soweit abschwächen, dass ein gesamtwirtschaftliches Wachstum von 1,5 Prozent erreichbar scheint. Doch davon wird die Baukonjunktur – zumindest investitionsseitig – vorerst kaum profitieren können.

Bauinvestitionen im Wohnungsbau: Vor allem 2023 könnte ein schweres Jahr werden
Vor allem die Wohnungsbauinvestitionen werden 2023 der Prognose nach mit einem Minus von 6,7 Prozent unter die Räder kommen (vgl. Abb. 1). Hierfür zeigen die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute folgende Mechanismen auf: Zwar sind die angebotsseitigen Produktionsbehinderungen (z. B. durch fehlende Materialien, Lieferengpässe oder hohen Krankenstand des Personals) seit dem zweiten Halbjahr 2022 merklich zurück gegangen, doch an deren Stelle betritt nun die schwindende Nachfrage nach Bauvorhaben im Wohnungsbau das Spielfeld. Vor allem die deutlich anziehenden Baupreise sowie massiv steigende Bauzinsen dämpfen die Baunachfrage im Wohnungsneubau und spiegeln sich im Einknicken der 2023er Wohnungsbauinvestitionsdynamik wider.

Auch für 2024 prophezeit das Gutachten eine negative Investitionstätigkeit im Wohnungsbau, die mit einem Minus von 2,4 Prozent jedoch weit weniger markant ausfallen wird als noch im Vorjahr. Dabei dürften sich Maßnahmen zur energetischen Sanierung im Bestand im kleineren Umfang stützend auf die Bauinvestitionen auswirken. Zudem sollte der strukturell hohe Bedarf nach neuem Wohnraum – nicht zuletzt aufgrund der (Binnen-)Migration – im Verlauf von 2024 einen stabilisierenden Effekt auf die Wohnungsbauinvestitionen ausüben. Unterm Strich bleibt der Wirkungsgrad dieser Prozesse jedoch zu gering, um der 2024er Wohnungsbauinvestitionsdynamik ein positives Wachstum zu ermöglichen.

Bauinvestitionen im gewerblichen Bau im geringeren Umfang unter Druck
Im Gegensatz zum Wohnungsbau dürfte die Investitionsdynamik im gewerblichen Bau während des Prognosezeitrahmens weit weniger von Turbulenzen getroffen werden. So erwarten die Konjunkturspezialisten, dass die Bauinvestitionen im gewerblichen Bau 2023 nur leicht um 1,3 Prozent nachgeben werden (s. o. Abb. 1). Für 2024 deutet sich mit einem marginalen Minus von 0,2 Prozent sogar eine Stagnation in der gewerblichen Investitionsdynamik an – was nach dem Minus im Vorjahr als positives Signal gewertet werden kann.

Dass sich im gewerblichen Bau keine markante Abwärtsspirale einstellen will, wird von den Autoren insbesondere mit der guten Geschäftslage der ausführenden Betriebe im Wirtschaftsbau begründet. Nachdem im vergangenen Jahr (2022) Lieferengpässe zu Produktionsrückgängen im Wirtschaftsbau geführt hatten, deutet sich nach Meinung der Wirtschaftswissenschaftler für 2023 eine positivere Stimmung in diesem Segment an – ausgehend von Befragungsergebnissen unter Firmenchefs im Bauhauptgewerbe. Zudem zeigten sich die Genehmigungen in diesem Segment Anfang des Jahres 2023 vergleichsweise stabil.

Doch obwohl der gewerbliche Bau in der Regel weniger sensibel auf Zinsveränderungen reagiert als der Wohnungsbau, dürfte das ungünstige Zinsumfeld auch im gewerblichen Bau nach Ansicht der Autoren im weiteren Prognosezeitraum dämpfend wirken. Des Weiteren dürfte sich das marginale BIP-Wachstum in Teilen ebenfalls bremsend auf die Bauinvestitionstätigkeit im gewerblichen Bau auswirken.

Der öffentliche Bau wird der Prognose nach 2023 indes mit einem merklichen Bauinvestitionsminus von 4,1 Prozent agieren. Hier spielen gleich mehrere Faktoren eine unrühmliche Rolle. So monieren die Gutachter, dass die öffentliche Hand bei den Straßenbauaufträgen Anfang 2023 merklich auf die Bremse getreten sei. Allerdings sollte man an dieser Stelle anmerken, dass die Ankündigung von Finanzminister Christian Lindner (FDP) „den Ausgabengürtel enger schnallen zu wollen“ einen weit größeren Negativ-Effekt auf die Bauinvestitionstätigkeit der öffentlichen Hand (Bund, Länder und Kommunen) haben könnte als der kurzeitige Einbruch in der Auftragsvergabe im Straßenbau Anfang 2023.

Daher können durchaus Zweifel angemeldet werden, ob die prognostizierte Bauinvestitionsausweitung im öffentlichen Bau in 2024 (+2,6 Prozent) in diesem Umfang überhaupt zutage treten wird. Allerdings könnten die perspektivisch weniger stark ansteigenden Baupreise ab 2024 einen Beitrag dazu leisten, dass wieder mehr öffentliche Baumaßnahmen zugelassen werden, als es beim aktuellen Preisniveau möglich erscheint.

Bauinvestitionen insgesamt merklich unter Druck in 2023 – leichte Besserung erst in 2024?
Unterm Strich zeichnet das Gemeinschaftsgutachten der Institute kein optimistisches Bild für die Bauinvestitionstätigkeit der nahen Zukunft. So erwarten die Konjunkturforscher 2023ein Absinken der gesamten Bauinvestitionsdynamik um 4,9 Prozent (s. o. Abb. 1). Aufgrund der für manche Bauhauptsegmente prognostizierten leichten Erholungseffekte im Jahr 2024 dürfte ein weiterer massiver Einbruch der Bauinvestitionen ausbleiben. Dennoch bleibt die gesamte Bauinvestitionsdynamik 2024 mit einem Minus von 1,2 Prozent hinter den Erwartungen zurück. Die investitionsseitige Lage bliebt also angespannt – zumindest dem Gemeinschaftsgutachten zufolge.

Nun wohnt dem Gemeinschaftsgutachten der Wirtschaftsinstitute nicht die alleinige Deutungshoheit über die zukünftige (bau-)konjunkturelle Entwicklung inne: Auch der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung – umgangssprachlich gerne als die „fünf Wirtschaftsweisen“ betitelt – gibt ein vielbeachtetes, alljährlich erscheinendes Konjunkturprognoseupdate zum Besten. Zwar fällt die im Konjunkturupdate des Sachverständigenrates durchgerechnete Bauinvestitionsprognose nicht so detailliert aus wie im Gemeinschaftsgutachten, doch als Benchmark reicht sie allemal.

Ähnlich wie ihre Kollegen aus dem Gemeinschaftsgutachten der Institute prognostizieren die sogenannten „fünf Wirtschaftsweisen“ für 2023 ein Einknicken der gesamten Bauinvestitionstätigkeit, welches jedoch mit einem Minus von 3,7 Prozent etwas milder ausfällt (vgl. Abb. 2). Freilich sehen die „fünf Wirtschaftsweisen“ die gleichen Aspekte am Werk, die sich negativ auf die 2023er Bauinvestitionsdynamik auswirken dürften, doch anscheinend mit einer etwas schwächeren Intensität.

Demzufolge fällt die Bauinvestitionsprognose des Sachverständigenrats für das Jahr 2024 ebenfalls etwas positiver aus. Mit einem marginalen Plus von 0,1 Prozent könnte 2024 der Wendepunkt in der Bauinvestitionsdynamik erreicht werden (s.o. Abb. 2). Abschließend wohnt den Konjunkturprognosen beider Gruppen die gleiche Botschaft inne: 2023 wird wohl kein gutes Jahr für die Bauinvestitionen werden. Ob 2024 nun eher in Richtung Stagnation oder doch mit einem leichten Minus der Bauinvestitionstätigkeit zu rechnen sein wird, ist aktuell indes kaum abschätzbar. Auch die im Sommer erscheinende BauInfoConsult-Baukonjunkturprognose wird sich dieser Thematik noch einmal annehmen.

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