Die Baubranche hofft derzeit immer noch darauf im Vergleich mit anderen Branchen vergleichsweise gut durch die Krise kommen zu können. Die jüngsten Prognosen zur Baukonjunktur sind dementsprechend nach wie vor vorsichtig optimistisch, doch die Vorbehalte nehmen zu: Noch im Anfang April veröffentlichten Frühjahrsgutachten der Institute wurde ein Bauinvestitionsresultat auf Vorjahresniveau für 2020 in Aussicht gestellt (+0,2 Prozent). Die deutlich pessimistischere Regierungsprognose wenige Wochen später ist in Bezug auf die Bauinvestitionen immerhin etwas eingetrübt (-1,0 Prozent). Wir haben die aktuellen Prognosen für die einzelnen Bausektoren hier für Sie zusammengefasst.
In den letzten Jahren hatte der private Konsum die deutsche Konjunktur verlässlich gestützt – und das selbst in der Finanzkrise 2008/2009. Doch darauf kann man derzeit kaum bauen: Der ehemalige Konjunkturgarant Konsum ist weitgehend eingebrochen. Wo die Einschränkungen durch die Anti-Coronamaßnahmen greifen, etwa in der seit Mitte März stillgelegten Hotellerie und Gastronomie, sind jetzt schon die Folgen zu sehen:
So ist in dieser und ähnlich stark betroffenen Branchen laut aktueller ifo-Konjunkturumfrage massiver Stellenabbau geplant, angekündigte schrittweise Öffnungen ab Mitte Mai hin oder her. Und selbst in den Konsumsparten, die von den Coronaeinschränkungen weitgehend unabhängig sind, halten sich die Verbraucher zurück – sei es aus Angst vor Ansteckung oder vor dem möglichen eigenen Arbeitsplatzverlust.
Wohnungsbau: im Schatten von Corona, aber nur im Pausenmodus
Trotzdem gilt der Wohnungsbau im Aprilgutachten der Institute weiter als Hoffnungsträger. Insgesamt wird für 2020 von einem Plus von immerhin 1,2 Prozent ausgegangen – und das, obwohl dieser Sektor in Deutschland ja überwiegend durch private Bauherren geprägt ist. Wie passt das zusammen?
Die Institute begründen ihre zwar im Vorjahresvergleich gedämpfte, aber nach wie vor günstige Erwartung für die Wohnungsbauinvestitionen vor allem damit, dass die Ausgangslage für die gute Wohnungsbaukonjunktur nach wie vor vorhanden ist: Die Nachfrage ist weiter ungebrochen hoch, die Genehmigungen auch im Januar und Februar noch auf Aufwärtskurs, die Förderanträge für energetische Sanierung bereits kurz nach Verabschiedung des Klimapakets im Aufwind und neuer Wohnraum vielerorts schlicht dringend gesuchte Mangelware. Schon für 2021 rechneten die Institute daher im Gutachten mit einer Rückkehr des Wohnungsbaus zu alter Form.
Öffentlicher Bau springt für den gewerblichen Bau ein
Dem gewerblichen Bau räumt das Prognoseszenario trotz der zuletzt erhöhten Büroraumachfrage in der aktuellen Lage naheliegenderweise wenig Spielraum ein: Firmen, die ums eigene Überleben kämpfen oder zumindest das Schlimmste durch einschneidende Sparmaßnahmen abfedern müssen, investieren nicht auch noch in Bauten. Teilbereiche wie der Logistiksektor, der sich angesichts gestiegener E-Commerce-Anforderungen mit erhöhter Nachfrage konfrontiert sieht, bestätigen nur die Regel. Für 2021 ist die Erwartung der gewerblichen Investitionen ganz im Keller (-2,8 Prozent), 2021 wird mit einer schrittweisen Rückkehr zur Normalität bei den gewerblichen Bauinvestitionen gerechnet (+1,5 Prozent).
Der öffentliche Bau (sonst nicht gerade der Bausektor mit einem besonders sexy Ruf) ist auf einmal viel gefragt. Signalwirkung hat der Bund mit der eilig beschlossenen Zusicherung der Fortsetzung der eigenen Bauaufträge bewiesen. Auch in der Prognose der Institute wird davon ausgegangen, dass die bereits verkündeten Pläne der öffentlichen Hand weitgehend umgesetzt werden. So wird für 2020 noch mit einem Plus von immerhin 1,5 Prozent gerechnet und für 2021 wieder mit einem deutlichen Anstieg von 3,4 Prozent.
Andererseits sind die Verluste der Gemeinden durch ausfallende Gewerbesteuern derzeit eklatant und auch die Kurzarbeitsanträge und womöglich bald erhöht auftretenden Arbeitslosengeldanträge müssen finanziert werden – da werden öffentliche Bauprojekte vielleicht nicht überall allererste Priorität haben können. Doch wie schon bereits in der Finanzkrise wird die öffentliche Hand grundsätzlich bemüht sein konjunkturelle Verwerfungen durch Bauinvestitionen wenigstens etwas abzufedern.
Prognose der realen Bauinvestitionen 2020 und 2021 (Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent)
* Prognose der Institute Quellen: Statistisches Bundesamt, Berechnungen der Institute, April 2020
Neuere Gutachten pessimistischer, doch noch mäßig in Bezug auf den Bau
Unterm Strich ist die Erwartung der Gutachter mit einem geringen Verlust bei den Bauinvestitionen bis Ende 2020 (-0,2 Prozent) und einer Rückkehr zur Bauinvestitions-Normalität im Jahr 2021(+2,8 Prozent) weitgehend optimistisch. Für die Prognose hatten die Institute im Frühjahrsgutachten jedoch vorsichtig angenommen, dass die Beschränkungen durch die öffentliche Hand nur bis zum 20. April greifen. Nun sind zwar in der ersten Maiwoche erste vorsichtige Lockerungen in Aussicht gestellt worden, doch von einer uneingeschränkten Wiedereröffnung des Wirtschaftslebens kann noch lange keine Rede sein. Damit sind die Grundannahmen der Prognose praktisch schon wenige Wochen danach schon nicht mehr vorhanden.
Es ist daher kein Wunder, dass die offizielle Regierungsprognose mittlerweile wesentlich pessimistischer ist und ein BIP-Minus von 6,3 Prozent befürchtet. Doch auch die neueren Prognosewerte sind in Bezug auf die Bauinvestitionen noch einigermaßen zuversichtlich: So hofft sie zwar im Gegensatz zum oben dargestellten Gemeinschaftsgutachten für 2020 nicht mehr mit einer Stagnation am Bau, geht jedoch immerhin nur von einem moderaten Rückgang der Bauinvestitionen aus (-1,0 Prozent). Dafür wird für 2021 gerade einmal mit einem Auswetzen der Scharte gerechnet (+1,0 Prozent).
Baukonjunktur: noch im Windschatten des Booms oder schon kurz vor dem Winterschlaf?
Zumindest die vor Kurzem veröffentlichte überraschend starke Bauproduktion im bereits stark von Corona geprägten Monat März 2020 stimmt optimistisch, wenn auch zunächst nur in Bezug auf die schon im ersten Quartal 2020 gesicherte Bauleistung. Zudem ist die Wirtschaftsleistung am Bau laut einer aktuellen ifo-Auswertung der Konjunkturumfragen im Baugewerbe in den bisherigen Corona-Monaten März und April nur geringfügig gegenüber den Monaten zuvor zurückgegangen.
Aktuell liegen für März und April noch wenige offizielle statistische Zahlen vor, aber insgesamt hört man von Verbänden, Innungen und Handwerkern zunehmend eingetrübte Nachrichten. So haben die vollen Auftragsbücher aus der „Vor-Corona-Zeit“ vielen Betrieben geholfen, doch haben viele mit Verzögerungen, hygienebedingt geschlossene Baustellen usw. zu kämpfen. Zudem berichtet jeder zweite Planer laut einer Umfrage der Architektenkammer von Mitte April von abgesagten oder zurückgestellten Aufträgen.
Auch die Schwierigkeiten vieler Bauämter unter Corona-Bedingungen werden immer wieder beobachtet. So verzögern sich mutmaßlich vielerorts die Antragsbearbeitungen, da schlicht die technische Ausrüstung für Home Office-Lösungen fehlt. Immerhin hat das zuständige Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat die gesetzlichen Vorgaben für unbürokratischere und weitgehend digitale Antragbearbeitungen in die Wege geleitet.
Letzten Endes wird die zukünftige Auftragslage über das Wohl und Wehe der Baubranche entscheiden. Denn auch wenn die konjunkturzyklische versetzte Konjunktur am Bau bislang immer ein Vorteil für die Branche war: Langfristig hängt sie schlicht von den finanziellen Spielräumen der Bauherren ab, die nach der Krise vorhanden sein werden. Je besser Unternehmen, Arbeitsmarkt und Verbraucher die Krise überstehen, desto mehr Chancen hat auch die Baukonjunktur auf eine schnelle und dynamische Erholung.
Publiziert im Mai 2020