Eine kundenorientierte Strategie beginnt beim Kunden. Darum untersuchen wir kontinuierlich Trends wie z. B. das typische Kommunikations- und Einkaufsverhalten der wichtigsten Berufsgruppen aus der Bau- und Installationsbranche.
Die Baubranche steht in dem Ruf, besonders zäh an herkömmlichen Arbeitsabläufen und -traditionen festzuhalten. Das ist sicherlich nicht ganz gerechtfertigt. So ist in den letzten Jahren z. B. immer mehr Bewegung in die Prozesse und Verhaltensweisen der Bauprofis verschiedener Gewerke gekommen, etwa was digitale Prozesse angeht.
Dennoch steckt auch ein Fünkchen Wahrheit darin: Der konservative Ruf der Branche hängt sicher mit den gewachsenen Strukturen und der Unternehmenskultur in der deutschen Bauwirtschaft zusammen. Während anderswo die Grenzen zwischen industrieller Fertigung und Bauen längst verschwimmen, stärkt in Deutschland die geltende Handwerksordnung den Handwerksberufen im Baugewerbe weiter den Rücken.
Branchenstrukturen in der deutschen Bauwirtschaft
Die Branche ist kleinbetrieblich aufgestellt: Das gilt für die Mehrzahl der Architektur- und Planungsbüros und die meisten spezialisierten Handwerksberufe, aber auch für die meisten Bauunternehmen. Die Zeit der großen Baulöwen ist auf dem deutschen Markt abgelaufen: Statt großen Baukonzernen ist das Bauhauptgewerbe von kleinen und mittleren Unternehmen (den sogenannten KMU) bestimmt.
Mittelständisch sind auch viele Lieferanten des Baugewerbes aufgestellt. Zwar gibt es in einigen Sparten der Baustoff- und Installationsmaterialbranche auch marktbeherrschende Konzerne. Auch die Konzentrationsbewegungen haben sowohl auf Industrie- als auch auf Handelsseite in den letzten Jahren zugenommen.
Dennoch prägen die mittelgroßen Unternehmen mit mittelständischem kaufmännischem Denken auch die Baustoffproduzenten und -händler deutlich. Im B2B-Großhandel für Bau- und Installationsprodukte sind vor allem mittelständische Kooperationen marktprägend. Regionale oder sogar lokale Lieferketten und Distributionsstrukturen sind deshalb in der Bauwirtschaft keine Seltenheit. In einem solchen wirtschaftlichen Umfeld sind Netzwerke und Beziehungen prägend – gerade auch für die Kommunikation und den Austausch von beruflich relevanten Informationen unter den Bauakteuren.
Kommunikation am Bau: Customer Journey der Bauzielgruppen je nach Tätigkeitsfeld unterschiedlich
Das Internet hat seinen Vorsprung als Informationsquelle Nummer eins – nicht zuletzt durch die stärkere Distanzierung der Lebensbereiche in der Covid-19-Krise seit 2020 – in unserer jüngsten Messung des Informationsverhaltens wichtiger Bauzielgruppen deutlich ausgebaut. Gleichzeitig sind die sozialen Netzwerke womöglich auf dem Sprung bis 2026 zu den wichtigeren Kanälen zu werden. Doch daneben existieren die althergebrachten Informationswege nach wie vor weiter und werden bei bestimmten Themen noch häufig als wichtigste Quellen betrachtet.
Mit dem Wachsen der Kanäle sind die Herausforderungen für die Produktkommunikation mit den Zielgruppen also ebenfalls größer geworden. Zumal man das genaue Zusammenspiel der Kanäle und das unterschiedliche Gewicht, das die verschiedenen Kanäle einnehmen, berücksichtigen muss.
Am allerhäufigsten werden Recherchen persönlich (z. B. im Austausch unter Kollegen) sowie im Internet getätigt. Die rechercheintensivsten Themen sind nach Auskunft der befragten Akteure alles rund um Dämmstoffe, Heizung, Sanitärprodukte; Trockenbau- und Dachprodukte. Dabei unterscheidet sich die auch Medienpräferenz der Befragten (persönlich, gedruckt, digital oder sozial-interaktiv) je nach gesuchtem Produkt und je nach Berufsgruppe teilweise deutlich.
Einkaufsverhalten: Zielgruppen haben verschiedene Prioritäten
Die Bauakteure beziehen 80 Prozent Ihres Materialbedarfs über den Fachhandel, wobei der spezialisierte Handel eine etwas größere Rolle im Gesamt-Einkaufsvolumen einnimmt als der allgemeine Baustoff-Fachhandel, danach folgt der Direktvertrieb (laut unserer Erhebung im Monitor „Distributions- und Einkaufsverhalten am Bau“).
Nach Berufsgruppen sind in den Ergebnissen die bekannten branchentypischen Besonderheiten klar zu erkennen – z. B. die besonders starke Bindung zum spezialisierten Fachhandel im SHK-Handwerk und bei Malern/Trockenbauern oder die größere Bedeutung des Baustoff-Fachhandels für Bauunternehmen.
Weitere Analysen der Daten geben noch ein paar interessante Hinweise zu weiteren Besonderheiten im Einkaufsverhalten: Bei den Befragten aus den Industriestandorten Süd- und Westdeutschland ist auch der Anteil der Direktkäufer zumindest etwas höher. Das hängt sicher in einigen Fällen auch mit der räumlichen Nähe zu bestimmten Herstellern zusammen, die einen Direkteinkauf wahrscheinlicher machen können als anderswo – sei es, weil die räumliche Nähe bessere Konditionen oder schnelleren Materialbezug ermöglicht oder sei es, weil Bauprofis einen direkt verkaufenden Hersteller in der „Nachbarschaft“ schlicht eher als mögliche Bezugsquelle auf dem Schirm haben.
Auch bei größeren Betrieben über 21 Mitarbeitern wird mehr direkt bezogen als bei den kleineren Baubetrieben in der Stichprobe. Auch das scheint nur logisch: Erfahrungsgemäß spielen bei den größeren Firmen z. B. bessere Liefermöglichkeiten und -konditionen bei Großaufträgen eine Rolle, die ihnen die Hersteller direkt anbieten können.