Der Sanierungs- und Modernisierungssektor wird oft übersehen. Dabei ist er einer der Hauptpfeiler der Bautätigkeit in Deutschland. Dennoch kommt gerade die energetische Sanierung nicht voran. Wie sehen die Perspektiven in diesem Segment aus?
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Wohnungsmodernisierung gerät durch die Schwäche im Neubau wieder verstärkt in den Fokus
Der Sektor Wohnungsmodernisierung und -renovierung ist für die deutsche Baubranche nach wie vor der größte Markt und wird angesichts des abflauenden Neubaubooms noch wichtiger. Eine Projektion unserer letzten großen Erhebung unter privaten Modernisierern ergibt allein im Bereich der privaten Modernisierung (d. h. ohne gewerbliche Wohnungsbetreiber) ein Volumen von über 116 Milliarden Euro im Jahr 2019. Dabei lässt sich aus der Erhebung für die Maßnahmen folgende Verteilung annehmen.
Modernisierungssektor stärkt das Bauvolumen
Das Modernisierungsvolumen hatte im Wohnungsbau 2021 einen Anteil von 68,7 Prozent am gesamten Sektorsvolumen von 282,5 Milliarden Euro. Auch in den kommenden Jahren behält der Modernisierungssektor sein Übergewicht. In beiden Wohnbausektoren, Neubau wie Sanierung, zeigt unsere Bausektorenprognose für die kommenden Jahre wieder sehr kräftige Anstiege. Allerdings muss man hier im Hinterkopf behalten, dass die aktuellen und weiter zu erwartenden Preisansteige die Wachstumsraten hier sehr stark nach oben verzerren.
Kleine Maßnahmen dominieren
Das Modernisierungsvolumen im Wohnungsbau wird von Teilmodernisierungen dominiert. Nur 9,1 Prozent der Modernisierungsmaßnahmen – also weniger als ein Zehntel – waren 2021 umfangreiche Vollmodernisierungen, d. h. gemäß Definition Maßnahmen, bei denen in mindestens zehn Produktbereichen Modernisierungen vorgenommen werden.
Hier spiegeln sich wohl einmal mehr die steigenden Kosten für Baumaßnahmen wider, die die Haushalte und Wohnungsunternehmen vor vollumfänglichen Maßnahmen zurückschrecken lassen. Immerhin erhöht sich der Anteil der Vollmodernisierungen über unseren Prognosezeitraum hinweg schrittweise. Von einem echten Aufwind kann man hier nicht sprechen – sondern bestenfalls von einer leichten Brise.
Im öffentlichen und gewerblichen Nichtwohnungsbau sind Vollmodernisierungen sehr viel üblicher (Anteil 2021 für beide Sektoren in unserer Schätzung: 31,8 Prozent). Schließlich werden die Objekte bei Weiterverkauf oder -vermietung häufig deutlich verändert, weil sich die Nutzungsart komplett ändert oder, um beim Verkauf eines rundum erneuerten Objekts höhere Margen zu erzielen. Teilmodernisierungen sind jedoch auch in diesem Segment am stärksten vertreten.
Angesichts der dringender werdenden Herausforderungen des Klimawandels wird allerdings vor allem die Frage nach der Entwicklung von Renovierungsmaßnahmen laut, die zur Effizienzsteigerung der Gebäude beitragen. Denn man täusche sich nicht: Energieeffizientes Bauen ist für die Branche zwar seit Jahren (ja, beinahe schon Jahrzehnten) ein wichtiger Trend und im Neubau nahezu Standard, doch im deutschen Gebäudebestand tut sich in dieser Hinsicht bei Weitem (zu) wenig – nicht zuletzt, da die Politik die Gebäudeeffizienz bislang stiefmütterlich behandelt.
Energetische Sanierung im Fokus? Kritik an halbherzigem Förderreförmchen wird laut
Die seit dem Frühjahr 2022 zunehmend angespannte Lage bei der Energieversorgung erhöht die Dringlichkeit, auch im Gebäudebereich fossile Technologien zügig zu ersetzen und so zu mehr Klimaschutz und zu mehr energetischer Unabhängigkeit beizutragen. Die staatliche Förderung der energieeffizienten Sanierung von Gebäuden wurde daher im Sommer 2022 neu aufgestellt. Erklärtes Hauptziel der Reform ist, die Förderung von Energieeffizienz für die Verbraucher durch klarere Zuständigkeiten weniger kompliziert und vor allem verlässlicher zu machen als bisher.
Zudem sollen mehr energetische Sanierungen in der Breite angestoßen werden als bisher. Eine bittere Pille gibt es dabei aber auch zu schlucken: So werden die Fördersätze reduziert und angesichts der Zinserhöhung vor allem auf zinsgünstige Kredite und Tilgungszuschüsse ausgerichtet.
Die Senkung der Förderkonditionen wird vom Ministerium als der Preis für mehr Verlässlichkeit bei den (in der Vergangenheit ja notorisch unstetigen und unzuverlässigen) Gebäudeförderung präsentiert. So sind die dafür vorgesehenen Mittel zum Klima- und Transformationsfonds (KTF) im Vergleich zu den Jahren zuvor aufgestockt worden.
Damit die Fördermittel dennoch länger „halten“ und nicht in einem „Run“ alle auf einmal weggefrühstückt werden, soll diesmal der Schwerpunkt nicht auf möglichst attraktiven, sondern auf von möglichst vielen Antragstellern verlässlich nutzbaren Fördermitteln gelegt werden.
Damit potenziell mehr Antragssteller Zugang zu den durch die begrenzten Haushaltsmittel natürlicherweise limitierten Förderungen haben können, werden die Fördersätze abgesenkt (Absenkungen um 5 bis 10 Prozentpunkte je nach Art der Maßnahmen).
Auch, wenn das Ministerium diese Neugestaltung der BEG-Förderungen bereits als wichtigen Erfolg auf dem Weg zu einem klimaneutralen Gebäudebestand verkauft, sind Verbraucherschutz, umwelt- und Energieeffizienzverbände von der bisherigen Umsetzung der Energiesparpläne enttäuscht. Die faktisch gesenkten Fördersätze seien genau das falsche Signal – statt Investitionen anzustoßen, würden Verbraucher entmutigt. Energieeffizienz müsse ebenso wie der Ausbau der Erneuerbaren als übergeordnetes öffentliches Interesse vorangebracht werden, fordert etwa die DENFF („Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz e. V.“).
Prognose gibt der energetischen Sanierung die Note ungenügend
Wie der Beitrag des deutschen Gebäudebestands zum 1,5 Grad-Ziel in diesem sehr trägen energetischen Sanierungs-Tempo innerhalb der nächsten Jahre bis 2030 vorankommen soll, ist nicht nur den Umweltverbänden schleierhaft. Unserer Prognose der energetischen Sanierung kommt für die nächsten Jahre jedenfalls zu projizierten Ergebnissen, die man nur als unbefriedigend bezeichnen kann. Als Beispiel nehmen wir wiederum das wichtige Marktsegment Wohnungsbau:
Nicht mehr als 26,7 Prozent des Bauvolumens im Wohnungsbau (also etwa ein Viertel der Maßnahmen) wurden 2021 für energetische Sanierungen aufgewendet – der Rest entfiel auf Sanierungen ohne energetischen Fokus. Damit ist der Anteil der energetischen Sanierung im Wohnungsbau nur unwesentlich höher als 2015 und wird auch laut unserer Prognose bis 2023 keine großen Sprünge machen.