Gemeinden und Wohnungswirtschaft: sozialer Wohnungsbau am Limit

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Den sozialen Wohnungsbau zu fördern gehört hierzulande zu den mantrahaft in jedem Wahlkampf beschworenen Versprechen. Geholfen hat es bislang wenig: So gab es 2021 gerade einmal 1 Million Wohnungen mit Sozialbindung in Deutschland (d. h. ein Vierzigstel des Wohnungsbestandes, anders gesagt: ein Witz). Neu fertiggestellt wurden 2021 gerade einmal 21.468 Sozialmietwohnungen. Vor diesem Hintergrund ist es besonders bitter, dass der Städte- und Gemeindebund befürchtet, dass in den kommenden Jahren bis zu 70 Prozent der geplanten Projekte wohl gestrichen würden. Der Hauptgrund: Inflation und steigende Baukosten überfordern die öffentlichen Auftraggeber. Auch die Wohnungswirtschaft schlägt Alarm.

Gerd Landsberg, der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, hat gegenüber der Augsburger Allgemeinen vor einem Aus von fast drei von vier der bislang von den Städten für die nächsten Jahren anvisierten Wohnbauprojekten gewarnt: „Die steigenden Baukosten führen derzeit dazu, dass zahlreiche Neubauprojekte im frei finanzierten sowie im geförderten Wohnungsbau auf Eis gelegt beziehungsweise nicht neu begonnen werden.“ Gerade in den Ballungsräumen könne das zu weiteren Mietpreisanstiegen führen, gibt der Städte- und Gemeindebund zu bedenken.

Ins selbe Horn stößt der Verband der (kommunal geprägten) Wohnungswirtschaft GdW. GdW-Präsident Axel Gedaschko gibt auf Grundlage der Umfragen unter den öffentlichen, genossenschaftlichen und kirchlichen sowie privatwirtschaftlichen Mitgliedsunternehmen der GdW zu bedenken, dass ebenfalls 70 Prozent der von den Anbietern für die nächsten Jahre geplanten Projekte entweder auf unbestimmte Zeit verschoben, wenn nicht gar ersatzlos gestrichen worden seien. Gebaut würden momentan nur noch Projekte, die sich ohnehin schon in der Pipeline befänden. Damit seien bis 2024 etwa 60.000 Neubauwohnungen auf der Kippe.

An Kritik an der Regierung sparten die Verbände daher erwartungsgemäß kaum: Die veranschlagte Fördersumme von einer Milliarde Euro reiche nicht einmal ansatzweise aus, um jedes Jahr 400.000 neue Wohnungen zu bauen. Nötig ist nach Ansicht des GdW mindestens eine Fördersumme von 5 Milliarden Euro, die bezahlbares Wohnen ermögliche: Die zu erwartenden Netto-Kaltmieten von 16 bis 18 Euro pro Quadratmeter seien bereits für mittlere Verdiener unbezahlbar.

Auch die in diesem Jahr erkennbare Stoßrichtung im wohnungspolitischen Regierungshandeln stößt den Verbänden sauer auf: So werden die energetischen Anforderungen an Gebäude erhöht, gleichzeitig die maximalen Förderbeträge im Bestandsbau gekappt und im Neubau vertagt. Die Neubauprojekte im Mietwohnungsbau würden dadurch ausgebremst.

Hier kommt freilich auch die immer deutlicher zutage tretende Differenz zwischen dem (grün geführten) Wirtschaftsministerium ins Spiel, das den Neubau im Sinne des Kilmaschutzes langfristig eindämmen und vor allem die Energiewende im Bestandsbau vorantreiben möchte, und dem (SPD-geführten) Bauministerium, das eigentlich dazu angetreten ist, den (sozialen) Neubau massiv anzukurbeln und durch (manchmal, aber nicht immer umweltverträglichen) seriellen Bau zu beschleunigen. Damit steht die Wohnungsbaupolitik momentan zwischen den Stühlen, was einen Teil des Stillstands erklärt. Die Regierung sollte hier also so schnell wie möglich zu einer einheitlichen Linie kommen, um den Wohnungsbau mit effektiveren politischen Maßnahmen zu unterstützen, die inhaltlich an einem Strang ziehen.

Doch die vor Kurzem verkündete Zuständigkeitstrennung bei der Förderpolitik lässt eine Fortsetzung des Prinzips des Kochens durch mehrere Köche befürchten: So wird das naturgemäß neubauaffinere Bauministerium ab 2023 für die Neuregelung der BAG-Förderung für den Neubau zuständig sein, während die Sanierungs- und Modernisierungsförderung beim Wirtschafts- und Klimaschutzministerium verbleiben soll.

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