Die meisten Fachleute in der Baubranche wurden von der teilweise hochemotionalen Diskussion, die in den vergangenen Monaten um die Wärmepumpe geführt wurde, überrascht. Dabei ist das Thema aus wissenschaftlicher Sicht eigentlich gegessen.Ob Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme oder Oxford University – Studien zeigen, Wärmepumpen sind nachweislich effizienter als fossile Heizungen und das sogar in Bestandsbauten und bei Temperaturen um minus 30 Grad. Tatsache ist, dass Wärmepumpen die zentrale Technologie sind, wenn es um klimaneutrales Heizen geht. Und das weltweit. In diesem Gastbeitrag greift Edgar Timm von alpha innotec die wichtigsten Vorbehalte gegen Wärmepumpen auf.
Sie zeigen, dass viele Menschen bei der Frage, auf welches Heizsystem sie in der Zukunft setzen sollen, verunsichert sind. Coronapandemie, globale Krisen und die Verbreitung falscher Tatsachen zur Wärmepumpe haben zusätzlich Ängste geschürt. Da ist es nur natürlich, dass man sich an das Vertraute klammert und schwer zu überzeugen ist. Durch den direkten Kundenkontakt können Heizungsbaubetriebe, Energieberatung, Architektinnen und Architekten sowie Bauunternehmen eine entscheidende Rolle spielen – um sachlich pro Wärmepumpe zu argumentieren und nicht zuletzt mit ihrer eigenen Überzeugung für klimafreundliches Bauen anzustecken.
Die Unsicherheit zur Wärmepumpe ist groß; Quelle: Der Hammer-Heizungs-Deal, WWF 2023, Umfrage durch Civey, Darstellung alpha innotec
„Ich warte auf ein innovativeres Heizsystem“
Hier lohnt ein Blick über den Tellerrand – und zurück ins 19. Jahrhundert. Er zeigt, dass Wärmepumpen gerade in skandinavischen Ländern das bedeutendste Heizsystem sind. Damit ist auch die Behauptung widerlegt, Wärmepumpen wären für Minusgrade nicht geeignet. Er zeigt auch, dass Deutschland bei der Installation von Wärmepumpen in Europa fast Schlusslicht ist. Zwar hat die Wärmepumpe auch hier hohe Zuwachsraten, aber bis wir skandinavische Werte erreichen, wird noch einige Zeit vergehen.
Pro 1.000 Haushalte im Jahr 2022 verkaufte Wärmepumpen; Quelle: ehpa; Darstellung alpha innotec
Dabei stammen bedeutende Wegbereiter der Wärmepumpe neben Österreich, der Schweiz, Frankreich und Skandinavien auch aus Deutschland. Allen voran Carl von Linde, dem es 1873 gelang, die Grundlagen für die industrielle Fertigung von Kälteanlagen zu legen. Damit war auch das ebenso einfache wie geniale Prinzip der Wärmepumpe entwickelt, denn sie ist nichts anderes als eine umgekehrte Kältemaschine.
In der Wärmepumpe wird die Wärmeenergie aus Luft, Erde oder Grundwasser nach innen transportiert, im Kühlschrank führt das Kältemittel die Wärme aus dem Innenraum ab. Dass die Wärmepumpe erst Ende der 1990er Jahre zur Serienreife weiterentwickelt wurde, lag schlicht an den niedrigen Gas- und Ölpreisen.
In diesem Zusammenhang kann man zudem mit unwiderstehlichen Argument punkten. Die Frage, warum man Öl oder Gas bei 1.000 °C verbrennen sollte, um die Temperatur im Haus auf 20 °C zu bringen, sollte auch die größten Zweifler ins Nachdenken bringen. Als nächstes Argument sollte man dann noch den Wirkungsgrad hinterherschicken. Wärmepumpen erzeugen aus dem eingesetzten Strom, der zum Betrieb des Verdichters benötigt wird, das 2,5 bis 5-fache an Wärmeenergie, erreichen also Wirkungsgrade von bis zu 500 Prozent. In der Praxis sind die Werte abhängig von der Art der Wärmepumpe, den baulichen Gegebenheiten und dem Nutzerverhalten. Ein moderner Gas-Brennwertkessel erzielt im Vergleich dazu über 90 Prozent Wirkungsgrad.
„Die Kosten für den Einbau von Wärmepumpen sind zu hoch“
Diese Befürchtungen gehen in zwei Richtungen. Sie betreffen zum einen die Anschaffungskosten und zum anderen die Betriebskosten. Die Investitionskosten für eine Wärmepumpe sind in der Tat höher als für eine fossile Heizung, doch dank der attraktiven staatlichen Förderung zwischen 30 und 70 Prozent und der niedrigeren Betriebskosten ist eine neue Wärmepumpe über eine Nutzungsdauer von 15 Jahren betrachtet tatsächlich nicht nur klimafreundlicher, sondern auch wirtschaftlicher als ein neuer Erdgasbrennwertkessel, wie eine Studie der Prognos AG im Auftrag des WWF Deutschland gezeigt hat. Wer jetzt abwartet, verspielt vielleicht die Chance, zukünftig Fördermittel in dieser Höhe nutzen zu können. Das Credo lautet also „Wenn nicht jetzt, wann dann!“, statt abzuwarten.
Bei der Entscheidung muss darüber hinaus unbedingt die Entwicklung der Stromkosten eine Rolle spielen. Mit steigendem Anteil der regenerativen Energien am Strommix, wird die Einpreisung von CO2-Emissionen in die Energiepreise in Form von CO2-Abgaben sinken und damit wird Strom mittelfristig günstiger als Öl und Gas.
Der Ausbau der regenerativen Energien nimmt tatsächlich Fahrt auf. Laut Angaben der Bundesregierung wurde 2023 „mit fast 52 Prozent erstmals über die Hälfte des verbrauchten Stroms durch erneuerbare Energieträger gedeckt. Und erstmals wurde mit 56 Prozent auch deutlich mehr als die Hälfte des Stroms aus Erneuerbaren Energien erzeugt.“ Gleichzeitig übernahm die Windkraft mit einem Anteil von 31 Prozent von der Kohle die Rolle als wichtigster Energieträger für die Stromerzeugung in Deutschland.
„Wärmepumpen sind nur für den Neubau geeignet“
Obwohl dieses Vorurteil durch zahllose Studien und Referenzbeispiele widerlegt ist, geistert es immer noch hartnäckig herum; meist in Verbindung mit der Behauptung, dass eine Fußbodenheizung verlegt werden muss, damit die Wärmepumpe effizient betrieben werden kann. Die Tatsache, dass die Höhe der Vorlauftemperatur für die Effizienz jeder Heizung entscheidend ist, ist natürlich unbestritten. Ein Wärmepumpenfeldtest des Freiburger Fraunhofer ISE zeigte jedoch, dass die tatsächlich benötigten Vorlauftemperaturen nicht so hoch sind wie man gemeinhin denkt. So betrugen die maximal zur Raumheizung erforderlichen Vorlauftemperaturen in Bestandsgebäuden im Mittel nur knapp 44 Grad Celsius. Und der oft als Gegenargument ins Feld geführte Stromverbrauch durch den Heizstab, der bei Minusgraden die Heizleistung sicherstellt, fiel kaum ins Gewicht.
Darüber hinaus schaffen moderne Wärmepumpen mit dem natürlichen Kältemittel Propan (R290) Vorlauftemperaturen von weit über 70 Grad Celsius. In den allermeisten Fällen kann die Wärmepumpe also auch mit den bestehenden Heizkörpern betrieben werden. Wichtig ist, dass das Heizsystemausreichend Oberfläche bietet und gerade in Altbauten wurden Heizkörper früher oft überdimensioniert.
Über den Autor
Edgar Timm ist Director R&D der ait-group, die mit den beiden Wärmepumpenmarken alpha innotec und Novelan europaweit aktiv ist.
Website: alpha-innotec