Steigende Wohneigentumsquote in zehn Jahren? Experten erwarten eher letztes Aufbäumen

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Die Wohneigentumsquote in Deutschland gehört bekanntlich zu den niedrigsten in Europa. Dennoch erwarten die Immobilienmarktbeobachter von Empirica und LBS Research, dass sich die Wohneigentumsquote in den nächsten zehn Jahren leicht ausweiten wird. Allerdings gibt es gute Argumente der Experten, warum diese Entwicklung eher ein letztes Aufbäumen als ein Zukunftstrend über das Jahr 2030 hinaus sein dürfte.

Die Gründe, warum Deutschland ein klassisches „Mieterland“ ist, sind vielfältig. Ein augenfälliger Grund unter anderen sind die weitaus konservativeren Anforderungen der Kreditinstitute und Bausparkassen an das Eigenkapital bei Kreditanfragen für Wohneigentumserwerb: Bis zu einem Drittel der Bau- oder Erwerbssumme an Eigenkapital mitzubringen sind hierzulande durchaus marktübliche Forderungen.

Dadurch wird der Eigenheimerwerb praktisch nur für Angehörige des Mittelstands eine echte Option. Im internationalen Vergleich können diese mehr oder weniger auf Sicherheit statt auf Risikofreude basierenden Strukturen natürlich auch Vorteile haben: So ist Deutschland unter anderem auch deshalb vergleichsweise gut durch die Zeit nach dem Lehmann Brothers-Börsencrash gekommen, weil hierzulande zwar eine Finanz- und Bankenkrise zu bewältigen war, jedoch keine massive Immobilienkrise, wie sie in den USA und Teilen West- und Südeuropas zeitgleich zu beobachten war.

Auf der anderen Seite gilt Wohneigentum als Betongold und ist auch von staatlicher Seite als zusätzliche Form der Altersvorsorge gern gesehen. Allerdings zeigt die jüngste Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamts für 2018 auf eine Wohneigentumsquote von 42,1 Prozent. Laut der neuesten Fortschreibung der EVS-Zahlen durch LBS Research und das Berliner Institut Empirica, die die Wohneigentumsquote ins Jahr 2030 weiterprojiziert, nicht mehr als eine leichte Zunahme: Bis 2030 wird von den Studienautoren immerhin eine etwas höhere Wohneigentumsquote von 42,6 Prozent erwartet.

Mehr Wohneigentum vor allem im Osten: Nachholeffekte sind noch nicht zu Ende

Die größten Wohneigentumszuwächse sind laut dieser Fortschreibung in den ostdeutschen Flächenländern zu erwarten. Das hängt (wie im vorigen Kapitel gezeigt) paradoxerweise auch mit der strukturellen Schwächung vieler ländlicher „Verliereregionen“ zusammen. So können sich in solchen Gegenden durch sinkende Bauland- und Immobilienpreise auch zunehmend Haushalte Wohneigentum leisten, für die dies bislang unerschwinglich war.

Dass die Wohneigentumsquote auf den ostdeutschen Immobilienmärkten bis 2030 um gleich 5 Prozentpunkte zulegen könnte (vgl. Abb. 3.1), hängt aber vor allem mit den Aufholeffekten beim Wohneigentum zusammen, die Ostdeutschland auch über 30 Jahre nach der Wiedervereinigung weiter prägen: Nach wie vor gibt es dort noch mehr unerfüllte Wünsche nach der eigenen Immobilie als im Westen. Dank des immer weiter angeglichenen Lohnniveaus und dem nach wie vor bezahlbareren Bauland geht diese Entwicklung daher auch im kommenden Jahrzehnt voran. 

Ballungsräume sind Mieterräume

In Westdeutschland stagniert die Entwicklung dagegen längst. Das hat allerdings nicht zuletzt auch mit den dort mehr anzutreffenden demografischen Ballungsräumen: Je mehr ein Gebiet wirtschaftlich prosperiert, desto höher fällt die Wohnnachfrage aus und desto höher die Immobilienpreise (und somit auch die Hürden für den Eigentumserwerb). Dazu kommt, dass der Trend gerade in den urbanen Regionen zum Einpersonenhaushalt geht – und diese sind trotz evtl, vorhandener Wohneigentumswünsche kaum in der Lage Wohneigentum zu erwerben.

Daher wird auch trotz der im vorigen Kapitel beschriebenen Erwartung entspannterer Immobilienmärkte in den Metropolen und Ballungsräumen weiterhin vor allem der Mietwohnungssektor von der Situation profitieren.

Kohorteneffekte stützen Wohneigentumsbildung immerhin noch bis 2030

Alles in allem ist der Befund der Studie für den Immobilienmarkt noch recht entspannt: Immerhin wird bis 2030 mit einem Zuwachs bei der Eigentumsquote gerechnet, wenn auch nur mit einem geringen (und das, obwohl zahlreiche Landkreise ausdünnen und die demografische Entwicklung langfristig eine Bevölkerungsalterung und -schrumpfung erwarten lässt).

Die Autoren verweisen auf die „Kohorteneffekte“ bei der Wohneigentumsbildung. Der Wohlstand, den sich die Nachkriegsgenerationen erarbeitet haben, führte u. a. dazu, dass sie öfter in Eigentum leben als ihre Eltern. Bis 2030 wird dieser Wohlstandseffekt noch weiterreichen. Allerdings könnten nach 2030 demografisch bedingt weitaus weniger Wohneigentumskandidaten die Möglichkeit haben ins Eigentum zu gelangen. Bis 2040 wäre die Wohneigentumsquote dann womöglich weitaus unter dem Niveau des Vorjahrzehnts.

Beim Faktor „Eigentumsbildung gegen Altersarmut“ gibt es deshalb natürlich vor allem auch politischen Handlungsbedarf, um den negativ wirkenden Faktoren wie den Erwerbsnebenkosten, Baulandpreisen und Baukosten schon heute etwas entgegenzuwirken, etwa durch ein Baulandmobilisierungsgesetz, wie es im Bundestag derzeit immerhin diskutiert wird.

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