Förderung der Heizungsoptimierung nochmals gekappt: Zäsur in der Gebäudeenergiepolitik?

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Eine Nacht- und Nebelaktion wie aus dem Bilderbuch: Ohne Vorwarnung und ohne Übergangsfrist hat das Bundeministerium für Wirtschaft und Klimaschutz die in der BEG-Förderung festgelegten Einzelmaßnahmen für die Heizungsoptimierung deutlich zusammengestrichen. Beobachter mutmaßen, dass Robert Habecks Ministerium sich vorsorglich Luft verschaffen will, um die Wirkung der neuen Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung abfedern zu können. Bei genauerem Hinsehen kann man diesen Schritt allerdings auch als erstes Anzeichen für einen Paradigmenwechsel bei der Gebäudeenergiepolitik deuten. Wird künftig mehr gefordert als gefördert?  

Wir erinnern uns (und so lange ist es nicht her): Erst am 21. Juli wurde die energetische Förderlandschaft für den Gebäudebestand mit der BEG-Novelle neu geordnet. Die Hauptbotschaft, die das Ministerium versenden wollte: Die Förderung muss aus budgettechnischen Gründen leider gedeckelt werden, soll aber gerade dadurch verlässlicher werden.

Trotz der vergleichsweise kurzen Übergangsfrist gingen die Förderanträge zu den alten Konditionen im August dann durch die Decke. Womöglich ein weiterer Grund für das Ministerium, die jetzt erneut anstehende Anpassung derart abrupt und ohne nennenswerten Übergang in Kraft zu setzen: Die erst am 15. September angekündigten Anpassungen bei den Förderungen für Einzelmaßnahmen greifen bereits seit dem 21. September.

Als förderfähige Einzelmaßnahmen zur Heizungsoptimierung gelten laut Richtlinie für die Bundesförderung für effiziente Gebäude „sämtliche Maßnahmen zur Optimierung der Heizungsanlage in Bestandsgebäuden, mit denen die Energieeffizienz des Systems erhöht wird, wenn sie die in der Anlage zu dieser Richtlinie festgelegten technischen Mindestanforderungen erfüllen“, wie z. B.

  • der hydraulische Abgleich der Heizungsanlage inklusive der Einstellung der Heizkurve, der Austausch von Heizungspumpen,
  • die Anpassung der Vorlauftemperatur und der Pumpenleistung,
  • Maßnahmen zur Absenkung der Rücklauftemperatur bei Gebäudenetzen,
  • die Optimierung von Wärmepumpen,
  • die Dämmung von Rohrleitungen,
  • der Einbau von Flächenheizungen, Niedertemperaturheizkörpern und von Wärmespeichern im Gebäude oder gebäudenah (auf dem Gebäudegrundstück),
  • Mess-, Steuer- und Regelungstechniken.

Folgende Anpassungen (konkret eigentlich: Einschränkungen) wurden beschlossen:

  • Die Förderung der eben beschriebenen Heizungsoptimierungsmaßnahmen wird auf Bestandsgebäude mit höchstens fünf Wohneinheiten bzw. bei Nichtwohngebäuden auf höchstens 1.000 Quadratmeter beheizter Fläche eingeschränkt.
  • Die förderfähigen Kosten für energetische Einzel-Sanierungsmaßnahmen von Wohngebäuden werden auf 60.000 Euro pro Wohneinheit und Kalenderjahr gedeckelt bzw. insgesamt auf maximal 600.000 Euro für EInzelmaßnahmen pro Gebäude.
  • Zudem wird die Dokumentation der geförderten Maßnahmen durch Bestimmungen über das Vorlegen der Rechnungsnachweise genauer (bzw. weniger großzügig) geregelt.

EnSimimaV: neun Buchstaben, die es für viele Heizungsbesitzer in sich haben
Die Verordnung mit dem sehr schönen deutschen Verwaltungsnamen „Mittelfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung“ (abgekürzt gefühlt fast ebenso lang: „EnSimiMaV“) hat den Bundesrat passiert und wird ab dem 1. Oktober gelten. Der Zusammenhang mit der Änderung bei den BEG-Förderbestimmungen ist ziemlich offensichtlich, denn darin ist u. a. geregelt, dass ein hydraulischer Abgleich für Gaszentralheizungssysteme verpflichtend wird und zwar

  • bis zum 30. September 2023 in allen Wohngebäuden ab 10 Wohneinheiten sowie
  • in Nichtwohngebäuden ab 1.000 Quadratmeter beheizter Fläche, für die die Bestimmungen des GEGs Gebäudeenergiegesetzes) gelten
  • und bis zum 15. September 2024 auch in Wohngebäuden mit mindestens sechs Wohneinheiten.

Das Zusammenspiel von Zuckerbrot und Peitsche
Die nahezu wortgleiche Einschränkung der förderfähigen Maßnahmen wie eben den hydraulischen Abgleich in den BEG-Anpassungen spricht Bände: Ab 1.001 Quadratmeter beheizbarer Fläche gibt es eben keine Förderung mehr und bei Wohngebäuden können die Besitzer – genau! – ab sechs Wohneinheiten nicht mehr auf die Förderung zurückgreifen. Hier will der Bund zum einen die Blamage verhindern, dass die als besonders „verlässlich“ angepriesenen neuen Bestandsfördertöpfe durch massenhafte Anträge von hydraulischen Abgleichsförderungen durch die Besitzer größerer Immobilien schon wieder vorzeitig geleert werden.

Zugleich zeigt sich hier aber ein Zusammenspiel von Zuckerbrot und Peitsche, wie es in der deutschen Förderlandschaft bisher nicht so deutlich zu beobachten war: Wer ohnehin „per Ordre de Mufti“ dazu verpflichtet ist einen hydraulischen Abgleich auszuführen, dem braucht man auch keine Förderanreize mehr zu bieten. So kann sich die Wirkung der BEG-Förderung auf die Gebäudebesitzer konzentrieren, die (noch?) nicht gesetzlich zu diesen Maßnahmen verpflichtet sind.

Damit sind BEG-Förderungen nicht länger nur ein Anreiz, sondern werden fast schon mit einer unterschwelligen Drohung verbunden: Die Eigentümer von förderfähigen Immobilien sollten die Förderangebote also besser wahrnehmen, solange sie noch davon profitieren können …

Ein solches Kalkül wird von uns natürlich nur unterstellt, aber angesichts der massiven Drucks auf die Regierung ist es nicht unwahrscheinlich, dass dieses vermeintlich unscheinbare technische Detail bei den BEG-Regularien einen grundsätzlichen Wandel bei der energetischen Politik einleitet. Schließlich sehen EU-Pläne im Rahmen des „European Green Deal“ langfristig ohnehin striktere Vorschriften für den Gebäudebestand vor.

Ob das Wirtschaftsministerium mit dieser erneuten Hauruck-Änderung der Förderbedingungen den eigenen energiepolitischen Zielen allerdings nicht eher einen Bärendienst erweist, steht aber nochmals auf einem anderen Blatt: Für die Bauherren ist das Signal dieser erneuten Volte binnen nicht einmal ganz drei Monaten nach dem angeblichen „großen Wurf“ jedenfalls klar: Sie sehen, dass verlässliche Planungen unter Zuhilfenahme von BEG-Fördermitteln nicht mehr ohne weiteres möglich sind.

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